AG Migration und Vielfalt: Deutschland setzt Marineeinsatz vor Libyens Küste aus während die EU gleichzeitig zivile Seenotrettung verhindert
Der Europäische Rat hat das Mandat der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA bis zum 30. September 2019 verlängert. Gleichzeitig wurde ihr Befehlshaber angewiesen, aus operativen Gründen den Einsatz des Schiffsbestands der Operation SOPHIA zeitweise auszusetzen, und zwar für die Dauer dieser Verlängerung. Die Operation wird ihr Mandat somit fortsetzen und dabei die Überwachung mit Luftausrüstung intensivieren. Zudem wird sie die libysche Küstenwache und Marine (*) bei ihren Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen zur See durch verbesserte Überwachung – auch an Land – und durch die Fortsetzung der Schulung verstärkt unterstützen. (Quelle: PM des Rates der Europäischen Union)
* Die EU setzt den Einsatz der maritimen Seenotrettung aus und beteiligt sich gleichzeitig durch Finanzierung an bekannten massiven Menschenrechtsverletzungen, die von der sogenannten libyschen Küstenwache und den Internierungslagern in Libyen ausgehen. Es ist mehrfach dokumentiert, dass libysche Einheiten Bootsflüchtlinge abfangen, Gewalt anwenden und unter Zwang zurück nach Libyen deportieren, wo sie in den unmenschlichen Internierungslagern Folter, Vergewaltigung, Menschenhandel und dem Tod ausgesetzt sind. Auch zivile Seenotretter werden von der sogenannten libyschen Küstenwache massiv bedroht und deren Schiffe beschossen.
Es darf nicht sein, dass die EU, durch einige wenige EU-Mitgliedstaaten diktiert, gegen internationales Recht verstößt, indem sie Push- Backs (Abfangen und gewaltsame Zurückbringen von Flüchtlingsbooten) finanziert und an einem Pakt mit einem Land festhält, das nachweislich keine Sicherheit, geschweige denn faire Möglichkeiten gewährleistet, einen Antrag auf Asyl in einem europäischen Land zu stellen. Somit verstößt die EU faktisch gegen §3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der besagt, dass Flüchtlinge in kein Land zurückgewiesen werden dürfen, in welchem von unmenschlicher Behandlung, Folter oder dem Tod auszugehen ist.
Die Abschottungspolitik von Italien und Malta führt heute dazu, dass die EU bestenfalls in Phrasendrescherei versinkt, faktisch allerdings in Tatenlosigkeit verharrt und zudem zulässt, dass zivile Seenotrettung mittlerweile offen kriminalisiert wird, wo doch das internationale Seerecht besagt, dass jedes Schiff zur Seenotrettung verpflichtet ist.
Mehr als 250 NGO`s haben am 03. April d. J. einen offenen Brief an Kanzlerin Merkel geschrieben und eine Neuausrichtung in der EU – Flüchtlingspolitik gefordert. Es kann nicht angehen, dass Menschenrechte mit Füssen getreten werden, während die europäische Politik tatenlos zusieht und sich indirekt beteiligt, immer stärker auf Abschottung und Abschreckung setzt und dabei das Leben Tausender billigend in Kauf nimmt. Alle Menschen verdienen gleichermaßen Schutz und das Recht auf faire Asylverfahren für sich und ihre Familien. Die Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und das Recht auf Leben nicht verhandelbar. Diese Verantwortung trifft in erster Linie die EU und ihre Mitgliedsstaaten; sie müssen eine völkerrechtsbasierte Seenotrettung auf dem Mittelmeer und faire Umverteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten gewährleisten. Vielmehr hat die Europäische Union die Pflicht, einen flächendeckenden Ausweg aus der humanitären Katastrophe im Mittelmeer und legale, sichere Fluchtwege anzubieten.
Die AG Migration & Vielfalt Saarland fordert die Wiederaufnahme des Schiffsbestands der Operation SOPHIA, sowie das Ende der zweifelhaften und politisch motivierten Kampagne gegen die private Seenotrettung und das Kriminalisieren der NGO`s. Die humanitären Korridore müssen offen gehalten werden, dies kann aber nur durch eine stark geführte EU- Mission erfolgen. Wir schließen uns dem Europäischen Flüchtlingsrat (ECRE) an und fordern eine Koalition der aufnahmebereiten Staaten unter Koordinierung der EU-Kommission und der humanitären Umverteilung der Flüchtlinge, unter Ausklammerung der strengen Dublin-Verordnung.